Transition / Feldkirch

Die Idee ist es, aus 2500 Holzlatten eine Konstruktion im Innenraum der Johanniterkirche zu installieren.

Innenraum der Johanniterkirche

Diese Konstruktion soll sich wie ein dreidimensionaler Fries am gesamten Wandverlauf entlang ziehen. Sie soll in etwa 2m – 2,5m Höhe ansetzen und etwa 1m hoch sein. Fenster, Nieschen, Ecken und Mauervorsprünge, sollen von dieser Konstruktion überzogen werden, ebenso wie Altar und Kanzel. Die Konstruktion wird aus einzelnen Lattenstücken in Längen von ca 50 cm bis 1,5 m vor Ort aneinandergeschraubt, wobei eine Grundkonstruktion aus wenigen Basislatten am Mauerwerk befestigt ist. Die Holzlatten ragen zum Teil einen bis anderthalb Meter in den Kirchenraum hinein.

In der vielverzweigten Lattenkonstruktion sind Leuchtstrahler versteckt, die die Installation als Schattenbild weit in den Kirchenraum, Wand, Decke und Boden verbreiten werden und im Zusammenspiel mit dem Verlauf des eindringenden Tageslichts für einen sich ständig ändernden Gesamteindruck der Installation sorgen sollen.

Die unzähligen Verbindungen und Verzweigungen der einzelnen Holzlatten erscheinen zunächst willkürlich, bei genauerem Beobachten des Konstruktionsverlaufs wird man jedoch erkennen können, dass einige Enden der in den Raum ragenden Hölzer zusammentreffen und so eine im Raum schwebende Kante andeuten, die in der Länge des Frieses eine Wellenbewegung nachzeichnet.

 TV-Beitrag ORF V (©2014)

Seit einiger Zeit benutze ich diese in unterschiedliche Längen geschnittenen Holzlatten als Stilmittel um meine größeren Holzskulpturen zu bauen. Diese Technik ermöglicht es mir, zum Teil monumentale Gebilde filigran und zerbrechlich erscheinen zu lassen ohne ihnen eine starke Präsenz zu verwehren.
Bei großen Objekten im freien öffentlichen Raum habe ich festgestellt, dass Betrachter angezogen werden, um die Skulptur herumzugehen, der Form und Bewegung zu folgen und in Nischen und Öffnungen, neu entstandene Räume, hineinzugehen. Ich nenne diese Objekte auch Raumskulpturen.

Diesen Effekt stelle ich mir auch bei der Installationsidee für die Johanniterkirche vor, dass Besucher vom Anblick der bizarr verzweigten Hölzer angezogen werden, in den Raum einzutreten, dem Verlauf der Installation zu folgen und dabei ein völlig verändertes Raumgefühl in der Johannitekirche erfahren.
Dass sich bei der Installation die Assoziation eines Dornenkranzes aufdrängt hat natürlich mit dem räumlichen Zusammenhang zu tun, wird sich möglicherweise auch auf den Gesamteindruck beim Betrachter auswirken, hat aber keine von mir gewollte inhaltliche Bedeutung.

Mir geht es in erster Linie um den Künstlerischen Prozess, in dem ich aus ganz profanen groben Holzlatten eine Ästhetik schaffe, die sich vom Material und den einzelnen Teilen loslöst und sich als natürlich gewachsenes Gebilde wahrnehmen und erleben lässt.
Dieses Gebilde ist im Fall der Johanniterkirche ein Raum, oder besser gesagt, ein Raumgefühl, ein ästhetisches Erlebnis. (Martin Steinert, 2014)

In der Johanniterkirche zeigt Martin Steinert ein Werk aus 2500 Fichtenholzlatten
von Ariane Grabher, Vorarlberger Nachrichten, 19. Juni 2014

„Wenigstens riecht es gut“, so ein lakonischer Kommentar zur Installation von Martin Steinert in der Johanniterkirche. „Nein, es riecht auch noch gut“, möchte man dem wenig kunstbeflissenen Besucher und dem olfaktorischen Nebeneffekt entgegnen, denn die Holzinstallation des saarländischen Bildhauers hat ungleich mehr Qualitäten, als nur den Geruchssinn zu befriedigen.

Mit dem Raum arbeiten
Begonnen hat Martin Steinert klassisch als Steinbildhauer. Vor zehn Jahren ist der Stein dem Werkstoff Holz gewichen – aus pragmatischen Gründen und aus einem gestalterischen Bedürfnis heraus, denn Steinert geht mit seinem Material gern an die Grenzen. Während im kleinen Format dichte, kompakte Hochglanz-Objekte für die Wand entstehen, drängt es den Künstler aber eigentlich, wie es in der Natur der bildhauerischen Sache liegt, zum großen Format und zur Monumentalität. So entstehen im größeren Maßstab, aus rohen, grob belassenen Holzlatten auch immer wieder Arbeiten für den öffentlichen Außenraum. Tektonische Gebilde, Konstruktionen aus additiv zusammengeschraubten Brettern, die im Gegensatz zu den hermetischen, massiven Formen der Wandobjekte trotz ihrer Dimensionen eine transparente Leichtigkeit vermitteln und mit der Zeit von der Natur eingenommen werden. Mit der Johanniterkirche, die der Künstler mit Familie in Vorarlberg von etlichen Besuchen her bestens kennt, trifft Martin Steinert nun auf einen Raum mit besonderen Bedingungen. Es klinge zwar ziemlich abgedroschen, so der Bildhauer, aber hier gelte es wirklich mit dem Raum zu arbeiten. So sei ihm die Idee zu einer Konstruktion gekommen, die die Wände besetzt und das Zentrum des Raumes leer lässt.

Konstruktiv und grafisch
Ohne konkrete Assoziationen zur Bedeutung des Ortes geht es Martin Steinert zuallererst und ausschließlich um die Erscheinung, um das Hereinbringen einer neuen Ästhetik, die das Vorhandene nicht stört. Mithilfe von rund 2500 Fichtenholzlatten, je einen Meter lang, und ca. 7000 Schrauben verläuft die Holzinstallation auf 2,5 Metern Höhe wie ein dreidimensionales Fries die Wände entlang, als starkes, präsentes Statement und zurückhaltend-sensible Geste zugleich, die vom Wechsel des (Tages-)Lichts lebt. Raumbestimmend, raumbildend, materialhaft und filigran, wirken die Holzlatten mit ihren unzähligen Verbindungen und Verzweigungen ebenso konstruktiv wie grafisch. Was wie ein Geflecht aus der Wand herauswächst, erzeugt im Kontext des Kirchenraumes unweigerlich Assoziationen. Martin Steinert: „Dass sich bei der Installation die Assoziation eines Dornenkranzes aufdrängt, hat natürlich mit dem räumlichen Zusammenhang zu tun, hat aber keine von mir gewollte inhaltliche Bedeutung. Mir geht es darum, ein Raumgefühl, ein ästhetisches Erlebnis zu schaffen.“ Den Dornenkranz kann man sehen, muss man aber nicht. Vor allem aber schafft das Holzlattengerüst eine Verklammerung des dunkleren Kirchenschiffes und der helleren Apsis und somit eine neue Wahrnehmung des Raumes. Und zugegeben: Das viele Holz riecht tatsächlich gut.