Buch: WOODEN CLOUD Prag 2020
Text von Goethe-Institut in Prag
Welche Wünsche bewegen uns und unsere Mitmenschen? Was ist Antrieb für Veränderungen und gesellschaftlichen Wandel? Was braucht es, um diese Hoffnungen und Träume Wirklichkeit werden zu lassen?
Mit seinem Kunstwerk ‚wooden cloud‘ stellt sich Martin Steinert genau diesen Fragen. Er tritt an sein Publikum heran und lädt es auf eine besondere Art und Weise ein, seine Gedanken und Wünsche zu teilen. So werden die Passanten selbst Teil der ‚wooden cloud‘, einer aus Holz bestehenden Kunstinstallation im öffentlichen Raum, die von Station zu Station unterschiedliche Formen annimmt.
Martin Steinert hat sich mit seinem Vorhaben einer ‚wooden cloud‘ für Prag an das Goethe-Institut Tschechien gewandt und die Entscheidung ist uns nicht schwer gefallen: Sehr gerne wollten wir die Kunstinstallation unterstützen und luden den Saarbrücker Bildhauer für die Realisierung seiner Idee auf eine dreiwöchige Residenz im Sommer 2020 nach Prag ein.
Residenzen sind für das Goethe-Institut als weltweit tätiges Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland ein wichtiges Förderinstrument der künstlerischen Mobilität, der Vernetzung und des Kulturtransfers. Es öffnet damit einen Raum für neue Perspektiven. Schließlich kann es besonders inspirierend sein, künstlerische Arbeiten an ganz spezifischen Orten zu verankern und darüber hinaus in einem anderen Land nachhaltige Arbeitskontakte aufzubauen.
Wichtig für die Realisierung der Installation in Prag war nicht zuletzt ein verlässlicher Partner, den wir in den Organisatoren des sculptureline-Festivals gefunden haben. Dank ihrer Unterstützung und ihren erfolgreichen Gesprächen mit den zuständigen Behörden konnte die ‚wooden cloud‘ in Form eines Bootes auf dem Smetanovo nábřeží direkt im Prager Stadtzentrum und unweit vom Moldauufer entstehen. Auch etwas Glück gehörte in einem ansonsten von der Pandemie geprägten Jahr dazu und so erlaubten die Sommermonate den Aufenthalt unseres Gasts in Tschechien und dessen Arbeit im öffentlichen Raum.
Den Namen ‚wooden cloud‘ trägt das Kunstwerk, weil es „wie eine Wolke von einem Ort zum anderen zieht, sich eine Zeit lang dort niederlässt … und dann kommt der Wind und trägt sie weiter“ (Martin Steinert, Prag 2020). Wir bedanken uns für die schöne und angenehme Zusammenarbeit und wünschen Martin Steinert und seinem Team gute Winde für noch viele weitere Orte, an denen die ‚Wolke‘ für eine gewisse Zeit verweilen kann.
Im Sommer 2020 ist in Prag die sechste wooden cloud entstanden.
1800 m Holzlatten, 6000 Schrauben – fertig. Ein Boot. 16m lang und 4 m hoch. Auf einer Straße, die entlang der Moldau führt.
wooden cloud / Prag / Memorial of Silence
Bei der Suche nach einem dauerhaften Standort entstand irgendwann die Idee, es zur ‚Bubny Railway Station‘ zu bringen und es dort zu einem Teil des ‚Memorial of Silence‘ zu machen. Von dem Bubny Bahnhof aus wurden während der Nazi-Diktatur Tschechische Juden mit Zügen in die Ghettos und Vernichtungslager gebracht.
In den letzten Jahren ist dieser Bahnhof zu einem Ort der Erinnerung und Aufarbeitung geworden, zu dem Memorial of Silence. Auf dem Vorplatz des Bahnhofs gibt es eine Skulptur aus Eisenbahnschienen und -Schwellen, einem Stück Schienenstrang, das 10 – 12 Meter hoch in den Himmel ragt. Mit Kranfahrzeug, Tieflader und Begleitfahrzeugen ist das Boot am 24. November quer durch Prag zum Bubny Bahnhof transportiert worden, wo man es auf einer Rasenfläche neben dem Denkmal abgelegt hat. Am Tag darauf, dem 25. November war es Kulisse der Festlichkeiten und einer Filmdokumentation zum 80. Jahrestag der ,Patria-Katastrophe‘ , bei der 27O jüdische Flüchlinge, viele davon aus Prag, bei einer Explosion auf dem im Hafen von Haifa liegenden Ozandampfers ‚Patria‘ ums Leben kamen.
Das Boot, die ‚wooden cloud – Prag‘, hat unerwartet und nie geplant eine völlig neue Bedeutung erhalten und eine ehrenvolle und verantwortungsschwere Aufgabe übernommen.
© Film von sculpture line, 2020
Das Smetana-Ufer ist normalerweise eine vierspurige Hauptstraße am Übergang von der Neustadt zur Altstadt mit zwei Trambahn-Spuren in der Mitte.
Textauszug aus dem Fotobuch „wooden cloud – Prag 2020“
Wegen der Corona Pandemie hat man sie von der Kreuzung Most Legií, Národní und Smetana-Ufer an, von der Altstadt kommend, zur Einbahnstraße gemacht, um einen Fahrstreifen abzutrennen und für die Aussenbestuhlung zweier Restaurants und dem Smetana-Café zu nutzen.
Eine Maßnahme zur Unterstützung der Corona gebeutelten Gastronomie der Stadt, deren verkehrsberuhigender Effekt die Entscheidung unterstützte, das Boot genau dorthin zu stellen, hatte man mir gesagt.